Im Rhythmus der Erde ankommen.

Was es für mich bedeutet, in die Natur einzutauchen.

Wenn ich in die Natur gehe, dann nicht, um etwas zu tun, sondern um zu sein. Manchmal reicht schon ein Schritt hinaus, ein Atemzug, ein Blick in das weiche Licht zwischen den Bäumen. Dann verändert sich etwas in mir. Die Gedanken werden leiser, die Sinne wacher. Ich beginne zu spüren, wie sich der Rhythmus der Erde mit meinem eigenen verbindet. Wie alles, was im Alltag schwer wirkt, plötzlich leichter wird, weil es in ein größeres Ganzes eingebettet ist. In diesen Momenten brauche ich keine Worte. Nur das Lauschen, das Fühlen, das Dasein. Die Natur erinnert mich daran, dass ich Teil von ihr bin. Nicht abgetrennt, sondern verwoben. Mit jedem Rascheln, jedem Windhauch, jeder Berührung.

Und so kehre ich immer wieder zurück. Nicht, um etwas zu suchen. Sondern um mich zu erinnern. An das, was immer da ist.

Die heilsame Wirkung des Waldes

Wenn wir in die Natur eintauchen, verändert sich nachweislich etwas in unserem Körper. Die Wissenschaft beschreibt, was viele intuitiv spüren: Schon ein kurzer Aufenthalt im Wald senkt den Blutdruck, beruhigt das Nervensystem und reduziert Stresshormone wie Cortisol.

Unsere Atmung vertieft sich, die Muskeln entspannen sich und das Gehirn wechselt in einen ruhigeren Rhythmus. Diese heilsame Wirkung wird heute unter dem Begriff Waldbaden erforscht – im Japanischen “Shinrin Yoku” genannt. Dabei geht es nicht darum, Kilometer zurück zu legen. Es geht darum, da zu sein. Mit allen Sinnen das Hier und Jetzt wahrzunehmen. Zu sehen, zu riechen, zu hören, zu fühlen, zu schmecken, also mit allen Sinnen wahrzunehmen, was um uns ist. Die ätherischen Öle der Bäume, wirken wie natürliche Beruhigungsmittel auf unser Immunsystem und fördern unser Wohlbefinden. Aber jenseits aller Forschung ist da noch etwas, das sich nicht messen lässt: Dieses tiefe Gefühl von Verbundenheit. Von „Ich gehöre hierher“. Vielleicht ist es genau das, was uns so guttut. Dass wir in der Natur endlich wieder das spüren dürfen, was im Alltag so leicht verloren geht: Im Moment zu sein.

In die Natur einzutauchen bedeutet für mich…

Den Rhythmus der Erde zu spüren und meinen eigenen darin zu finden. Zu atmen, ohne etwas leisten zu müssen. Mich von der Stille halten zu lassen. Zu beobachten, ohne gleich verstehen zu wollen. Das Rascheln der Blätter zu hören, wie eine Sprache, die ich nie ganz vergesse. Zu sehen, wie alles vergeht und trotzdem bleibt. Mit jeder Berührung erinnert zu werden: Ich bin Teil davon. Mich zu erden, wenn Gedanken laut werden. Mich dem Moment hinzugeben, so wie er ist. Zu spüren, wie Ruhe nicht Abwesenheit ist, sondern Tiefe. Wie Veränderung hier selbstverständlich wird. Und wie Schönheit immer auch im Unvollkommenen liegt. Und zu merken, dass alles schon da ist. Ich darf nur still werden, um es auch zu sehen.

In die Natur einzutauchen bedeutet für mich, nach Hause zu kommen.

- Kim Nadine Hemmann -

Weiter
Weiter

Mach mal eine Pause.